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Apr 01 2011

Global Sourcing beginnt vor der Haustüre

Die detaillierte Bestands- und Beschaffungsmarktaufnahme ist die Grundvoraussetzung für eine allfällige Global-Sourcing-Entscheidung.

Die Beschaffung hat innerhalb der letzten Jahre massiv an Bedeutung gewonnen. Dies nicht zuletzt dank der Erkenntnis, dass mittlerweile bei den meisten industriellen Unternehmen der Materialkostenanteil gemessen am Gesamtumsatz mehr als 50% beträgt. Dementsprechend gross sind die Hebel, welche innerhalb der Einkaufsabteilungen bewegt werden können, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit am internationalen Vertriebsmarkt zu erhöhen. Nicht nur die aktuelle Euro-Schwäche und die dadurch immer mehr unter Druck stehende Profitabilität, sondern auch der gestiegene globale Konkurrenzkampf in den einzelnen Märkten zwingt Unternehmen, über alternative Beschaffungsmöglichkeiten nachzudenken und neue Wege zu begehen. Vielfach wird in diesem Zusammenhang das Global Sourcing als rettende Lösung angesehen.

Global Sourcing bedeutet nicht unwillkürlich einkaufen in China

Der Begriff Global Sourcing wird in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert. Jedoch wird unlängst das Global Sourcing in Verbindung gebracht mit der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen aus Asien, namentlich aus China. Doch muss ein Unternehmen, welches die Wettbewerbsvorteile weiter sichern und ausbauen möchte und die Beschaffungsstrategie auf das Global Sourcing ausgerichtet hat, automatisch in China einkaufen? Was ist die Voraussetzung für eine Global-Sourcing- Entscheidung?

Strategische Ausrichtung

Entgegen dem traditionellen Beschaffungsverhalten in den bekannten und meist auch lokalen Regionen steht beim Global Sourcing der internationale Beschaffungsmarkt im Fokus. Allerdings beinhaltet Global Sourcing nicht nur einfach den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen aus Drittländern. Die Thematik sollte ganzheitlich betrachtet werden, als strategische Ausrichtung des Versorgungsmanagements zur Nutzung von globalen Bezugsquellen und deren Potenziale. Um ein erfolgreiches weltweites Sourcing zu implementieren, braucht es das Commitment der Unternehmensführung sowie die Unterstützung involvierter Abteilungen wie F&E, Product Management usw. Dank der Einbindung der Entscheidungsträger innerhalb der Unternehmung wird von Anfang an sichergestellt, dass sich das Management im Klaren ist, dass ein solcher Schritt Ressourcen benötigt und insbesondere in den Anfängen auch Mehrkosten mit sich bringen kann.

Schaffung der Entscheidungsgrundlage

Um ein geordnetes und strukturiertes globales Sourcing aufzuziehen, muss zuerst eine Bestandsaufnahme des aktuellen Einkaufsvolumens, eine sogenannte Portfolioanalyse, durchgeführt werden. Durch die Identifikation der Produkte- und Lieferantenstruktur erhält man die notwendige Transparenz, welche als Grundlage für den nächsten Schritt, dem systematischem Beschaffungsmarketing, dient. Das bedeutet, es werden neue Märkte sowie im Rahmen einer sorgfältigen Vorselektion mögliche potenzielle Lieferanten identifiziert. Um einen ersten Überblick über den zukünftigen Beschaffungsmarkt zu erhalten, ist es ratsam, ein sogenanntes «Referenzprodukt» für den globalen Benchmark beizuziehen. In diesem Evaluationsprozess ist es empfehlenswert, den europäischen Beschaffungsmarkt ebenso mit einzubeziehen. Insbesondere bei kleineren Stückzahlen mit speziellen Materialien oder Legierungen sowie einer hohen Komplexität und Präzision stellt man immer wieder fest, dass der «lokal-europäische» Lieferant durchaus wettbewerbsfähige Preise offerieren kann. Sollte sich hingegen in der Angebotsauswertung ein klarer Trend in Richtung Low- respektive Best-Cost-Countries abzeichnen, so sind jetzt die Voraussetzungen geschaffen, die globale Beschaffungsstrategie weiter zu entwickeln respektive diese im Anschluss umzusetzen.

Schlussfolgerung

Im Zuge der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens kommen mittlerweile auch mittelständische Unternehmen nicht darum herum, sich mit dem Thema Global Sourcing zu beschäftigen. Da ein solcher Schritt sorgfältig geplant und durchgeführt werden sollte, ist es von entscheidender Wichtigkeit, dass einerseits ein genauer Überblick über das einzukaufende Material respektive die Lieferantenstruktur vorhanden ist und anderseits das gesamte Beschaffungspotenzial inklusive des hiesigen Marktes in Betracht gezogen wird. Auch in diesen Märkten sind, aufgrund der ständigen Innovationen bei der Herstellung sowie durch die Optimierung von Produktionsprozessen, immer noch grosse Potenziale vorhanden. Bewegen sich allerdings die Einsparpotenziale in einer signifikanten Grössenordnung, dann lohnt es sich, das Global Sourcing, was im Allgemeinen als Verlagerung nach Asien verstanden wird, einzuführen. Diese Märkte bieten riesige Potenziale, vor denen sich die Beschaffung von heute nicht mehr verschliessen darf. Entscheidend bei solchen Projekten ist die fachgerechte Definition und Implementierung der Global-Sourcing-Aktivitäten durch auf diesem Gebiet erfahrene Beschaffungsexperten, damit nachhaltig die Potenziale und Einsparungen voll ausgeschöpft werden können.

Autor: André Leutenegger
Veröffentlicht in SVME / ASAA
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